Claus Böhmler: Smart Artist, 2019
»Böhmler redet und trinkt und ißt und tönt und zeichnet und denkt und hört und sieht in demselben Moment.« (Michael Erlhoff)
Der Medienkünstler Claus Böhmler war schon »smart«, als Steve Jobs noch bei Atari arbeitete. Böhmlers Interessen als Künstler gelten allerdings weniger der Entwicklung von Algorithmen als vielmehr dem praktischen Umgang mit Schreibmaschine, Fotokopierer, Kassettenrekorder, Schallplattenspieler, Super-8-Film, Fotoapparat, Radio, Film- oder Diaprojektor, Video, also den Medien, mit denen sich äußerst ökonomisch und leicht zu handhaben ein Maximum an Kunst produzieren lässt. Er benutzt sie wie Zeichnung, Malerei, Skulptur, Grafik und Performance als sich selbst reflektierende, intermediale, kommunikative Aufforderung.
Sein Werk, auch das akustische und filmische wird in diesem Buch vorgestellt, ineinander geschoben, wie es auf seinem großen Computerbildschirm nebeneinander aufklappte. So geht es Seite für Seite: im steten Wechsel all der medialen Möglichkeiten, Metamorphosen, Wiederholungen und Differenzen, zu denen nur Böhmler in seiner spezifischen Gleichzeitigkeit von Humor, Ironie, Beobachtung und Politik fähig ist. Es materialisiert sich ein Album, das Böhmler uns präsentiert.
Böhmlers Werke werden nicht ausschließlich durchs Sehen und Zeigen getrieben, sondern auch durch Sprache, durch das Sprachspiel und die Spracherneuerung im rhythmischen Raum. Hier verschärft sich noch einmal der visuelle Aspekt in der Ausdehnung eines Denkraums, dessen Weite sich in diesem Album erahnen lässt. Der unendliche Böhmler-Kosmos – anarchisch, komisch und nie abgeschlossen. Und er ist poetisch, d. h. neben allem Sprach- und Bildwitz melancholisch, brüchig und geheimnisvoll, so wie es René Descartes in der Böhmler-Überlieferung am Telefon sagt: »Ich denke, ich bin’s.«
Diese Publikation wurde vom Textem Verlag initiiert und entstand in enger Zusammenarbeit mit Claus Böhmler, der mit technischer Unterstützung von Naho Kawabe in unzähligen Sitzungen die eigensinnige Gestaltung der Seiten entwickelte. Herausgekommen ist eine prächtige, äußerst lebendige und bildmächtige Auseinandersetzung mit dem Lebenswerk des Künstlers durch den Künstler. Claus starb 2017, als das Buch druckfertig war. Es ist sein Vermächtnis. (Michael Glasmeier)
Claus Böhmler: Smart Artist
Hg. Michael Glasmeier, Naho Kawabe, Nora Sdun
120 Seiten, 4-farbig, Hardcover mit zahlreiche Abbildungen und QR-Codes für Videos und Bewegtbilder
Textem Verlag, Hamburg
ISBN 978-3-86485-179-7
35 €