Texte

Michael Glasmeier

Claus Böhmler – Smart Artist

„Der Medienkünstler Claus Böhmler war schon »smart«, als Steve Jobs noch bei Atari arbeitete. Böhmlers Interessen als Künstler gelten allerdings weniger der Entwicklung von Algorithmen als vielmehr dem praktischen Umgang mit Schreibmaschine, Fotokopierer, Kassettenrekorder, Schallplattenspieler, Super-8-Film, Fotoapparat, Radio, Film- oder Diaprojektor, Video, also den Medien, mit denen sich äußerst ökonomisch und leicht zu handhaben ein Maximum an Kunst produzieren lässt. Er benutzt sie wie Zeichnung, Malerei, Skulptur, Grafik und Performance als sich selbst reflektierende, intermediale, kommunikative Aufforderung.“

In: Claus Böhmler: Smart Artist, Textem Verlag, Hamburg 2019


Susanne Weiß

Claus Böhmler – Denkzettel

„Die Arbeit von Professoren mit ihren Studierenden ist keine Privatangelegenheit, aber es ist meist auch keine Angelegenheit, an der die Öffentlichkeit teilnimmt. Es sei denn, es wird veröffentlicht. Mancher Vortrag, manche Vorlesung eines berühmten Gelehrten ist nur deswegen überliefert, weil es einen Studenten gab, der das Gehörte und Gelernte fleißig mitgeschrieben hat. Daß dabei nicht das Erarbeitete eines Einzelnen von einem Zweiten wiedergegeben wird, sondern nicht minder das Gelernte eben dieses Hörers, wird deutlich, wenn es noch Dritten, Vierten und Fünften gab, die mitgeschrieben haben. Aus einem Vortag werden soviele Vorträge wie es schreibende Hörer gab. Die Mitschrift wird zu einem Dokument des Austauschs, und darin unterscheidet sie sich sehr von den Manuskripten des Vortragenden, das die Arbeit eines einzelnen – im Voraus schon und bis ins Nachhinein – dokumentiert.“

In: Gesprächszeichnungen. DVD HFBK. Ausstellung in der Galerie der Hochschule für Bildende Künste Hamburg. Eröffnung Montag, 9. Mai 2005


Ludwig Seyfarth

Blechschaden auf dem Papier.

„Dass vielen Menschen die Veränderungen durch Technik unbewusst bleiben, ist gleichsam der mentale Blechschaden, den Künstler wie Claus Böhmler vermeiden helfen können.“

In: Automobil. Handzeichnungen 1967-69. Kreis Stromarn. Bad Oldesloe 2003.


Regina Bärtel

Claus Böhmler. In: 40 Jahre Fluxus und die Folgen

„In Böhmlers Bildern und Objekten kommt der Verwendung von Sprache als Kommentar, Erläuterung oder Wortspiel eine zentrale Rolle zu. Die Sprache als Grundlage der Kommunikation ist für ihn das Medium höchster Authentizität. Aber auch hier zielt seine Untersuchung immer wieder auf den tatsächlichen Sinngehalt der Wörter, Sätze und Begriffe.

Die Manipulation durch und in den Bildern, das Verhältnis von Sein und Schein, das hier deutlich entgegentritt, das Verhältnis von Bild und Welt sowie von Original und Kopie thematisiert Böhmler in seinen Arbeiten mithin in vielfältiger Weise: schreibend, redend, agierend, zeichnend und konstruierend. Die Zeichnungen, Installationen und Objekte zeigen die Dinge, wie sie wirklich sind oder wie sie außerhalb ihres angestammten Einsatzes gesehen werden können. Schmunzelnd wird dem Betrachter der Arbeiten deutlich, wie die elektronischen Medien unsere Wahrnehmung bestimmen, das Verhältnis zur Wirklichkeit verwischen und schließlich das Reale überlagern.“

In: 40 Jahre Fluxus und die Folgen. Herausgeben von Christoph Blase, Peter Weibel. ZKM. Hatje Canz Verlag, Wiesbaden 2002.


René Block

Zwischen Rechenschieber und (Haus)Traum.

„Ein versponnen scheinender, in Wirklichkeit aber hellwacher Querdenker dieses Kunstbetriebes, der lieber produziert als reproduzieren lässt.“

In: Instant, aber sofort! Kunsthalle Fridericianum, Kassel 2001.


Susanne Weiß

Analysen des Alltags

„Die Zeit, die ein Rechner zur Datenverarbeitung benötigt, während sein Benutzer wartend vor dem Bildschirm sitzt, nutzt Claus Böhmler zur Erfindung seiner eigenen Daten – und zwar sofort!“

In: Instant, aber sofort! Kunsthalle Fridericianum, Kassel 2001.


Susanne Weiß

TraumZeitSchattenDoppel

„Mit diesem Material sieht Böhmler seine Aufgabe als Künstler darin, die Phantasie der Betrachter herauszufordern, ihre Fantasien und ihren Intellekt zu wecken. Er strebt nicht nach einem schnellen, frechen Aufprall, sondern zieht es vor, die Tiefe der Stille durchzuarbeiten. Dasselbe gilt für seine Präsentationstechnik, die er mit großer Leidenschaft und Virtuosität einsetzte, nämlich das Fotokopieren. Indem das traditionelle Handwerk eines Künstlers durch eine Maschine ersetzt wird, die längst erobert ist, kann die Arbeitswelt buchstäblich von jedem genutzt werden, der Künstler verschwindet hinter seinem Werk.“

In: TraumZeitSchattenDoppel. Böhmler, Beuys und die Bilder. Achilla Press Hamburg 1998.


Hanna Hohl

Standpunkte

„Böhmler hat Picassos bekannten Ausspruch „Ich suche nicht, ich finde“, variiert, er sagt: “Ich suche nicht, ich untersuche!“ Denn das Entdecken, das Finden, erweckt in ihm geradezu eine Sucht nach neuem Suchen. In eigener Konsequenz ist seine Arbeit deshalb nicht nur prozeßhaft, sondern vorläufig im Doppelsinn des Wortes. Ihre Energie liegt in der Idee, in der Skizze als „prima idea“, in der Inkunabel als Ideenkern. Boehmler unterläuft den Begriff vom vollendeten Kunstwerk, und das mit allen Mitteln der Kunst, die ihm zur Verfügung stehen, auf spielerische und zugleich hintergründige Weise.“

In: Claus Böhmler: Standpunkte. Hamburger Kunsthalle 1985.